Das sind die verborgenen Anwendungsfälle der neuen Smart eID

Vorteile der neuen Smart eID: Flexibel und benutzerfreundlich. Lesen Sie, wo sie eingesetzt werden kann und den Alltag der Bürger vereinfacht.

Feb 24, 2022 - 4 Min.

Das neue Jahr verspricht Mut zur Veränderung – so liegen etwa in den Bundesländern und Verwaltungen die Hoffnungen auf der neuen Smart eID. Seit Dezember vergangenen Jahres ist sie in Deutschland verfügbar und ermöglicht es den Bürgern, ihren Personalausweis direkt auf dem Smartphone zu speichern. Was es dafür braucht, ist neben einem Smartphone nur noch eine PIN und die AusweisApp2. Damit sollen vor allem zwei Aspekte des Identity Managements optimiert werden: die bisher mangelhafte Bekanntheit der Online-Ausweisfunktion und die Benutzerfreundlichkeit. Deshalb glänzt die neue eID-Funktion mit zahlreichen Anwendungsfeldern, die den Alltag der Bürger digitaler, unabhängiger und zeitgemässer machen. Nevis klärt auf und schafft einen Überblick über die wichtigsten Anwendungsgebiete der Smart eID in puncto Identity Management.

Sich elektronisch mit dem Smartphone ausweisen? In Deutschland ist das seit der Einführung des Smart-eID-Gesetztes im vergangenen Juni möglich, das zuvor vom Bundesrat gebilligt wurde und seit September in Kraft ist. Es legte den Grundstein für die Weiterentwicklung der bestehenden Online-Ausweisfunktion des Personalausweises und bezieht nun das Smartphone der Nutzer stärker ein.

Die Smart eID – Zeitgemäss und flexibel

Man kombiniere ein Smartphone, eine App und eine PIN – Mehr braucht es künftig nicht mehr, um seine digitale Identität beim Onlineshopping oder dem virtuellen Eröffnen eines Bankkontos nachzuweisen. Und das, ohne dass der Gang aufs Amt notwendig wird. Grund ist die Smart eID, die die elektronische Identifizierung per Smartphone beschreibt. Sie soll die digitale Identität der Nutzer beim Identity Management im Internet unkompliziert prüfen, weshalb sie eine Ergänzung zum Personalausweis darstellt. Spätestens bei Reisen ins Ausland oder bei Polizeikontrollen wird jedoch der normale Personalausweis in Form der Plastikkarte wieder relevant, da die digitale Version hier nicht ausreicht. 

Im Fokus: Der Schutz der Identitätsdaten

Ausgangspunkt war das Förderprojekt OPTIMOS 2.0, in dessen Rahmen das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die beiden Unternehmen Telekom Security und Samsung zusammenarbeiteten. Sie entwickelten die hardwarebasierte Sicherheitsarchitektur rund um die Smart eID und stellten den Schutz der Identitätsdaten in den Mittelpunkt: Durch die Kombination der Smartphones mit den Sicherheits-Chips, die in immer mehr Smartphones eingebaut werden, konnte das schliesslich sichergestellt und die Sicherheitsanforderungen des BSI erfüllt werden. Seit Dezember werden die ersten Geräte aus der Samsung Galaxy S Reihe unterstützt. Doch schon in der ersten Jahreshälfte 2022 sollen weitere Geräte anderer Hersteller hinzukommen. 

Wie funktioniert das neue digitale Ausweisen mit dem Handy nun konkret? 

Die Freischaltung beginnt mit einer 6-stelligen Geheimzahl für den Online-Ausweis und dem Personalausweis mit integriertem Chip. Über den Chip verfügt bereits jeder Personalausweis, jedoch werden erst seit 2017 Ausweise mit automatisch aktiviertem Chip herausgegeben. Wer noch einen älteren Ausweis mit deaktiviertem Chip besitzt oder aber seine PIN vergessen hat, die beim Erhalt des Personalausweises mit vergeben wird, kann dies kostenlos über das jeweilige Bürgeramt beantragen. Innerhalb weniger Tage werden die benötigen Daten per Post zugestellt. Nun muss nur noch die „AusweisApp2“ auf das Smartphone installiert und der Personalausweis einmalig eingelesen werden, um die Übertragung und Speicherung der Daten aus dem Chip zu vollziehen. Dafür genügt es bereits, den Personalausweis für wenige Sekunden an das Smartphone zu halten. Ab diesem Zeitpunkt kann sich der Nutzer jederzeit online ausweisen, ohne ständig seinen Personalausweis parat haben und ihn erneut ans Smartphone halten zu müssen. Auch das Einlesen mithilfe eines NFC-Kartenlesers, wie bei der bisherigen Online-Ausweisfunktion, entfällt. Dadurch steigt nicht nur der Nutzerkomfort, sondern auch die Flexibilität.

Benefits hin oder her – es braucht Use Cases 

Allein das Bundesministerium des Innern und für Heimat listet 166 Anwendungsbereiche der Bundesbehörde, der Bundesländer und Landkreise sowie privater Unternehmen auf, in denen die Smart eID zum Einsatz kommen kann. 

Im Vergleich fällt auf den ersten Blick bereits auf: Die Landkreise bieten mit 75 Leistungen die meisten Szenarien, gefolgt von den privaten Unternehmen mit 48 Stück. Auch der deutschlandweite Vergleich zeigt, dass es durchaus starke Unterschiede gibt. So führt Nordrhein-Westfalen die Liste der Bundesländer mit 30 Anwendungsbereichen an. Auf Platz 2 folgt Brandenburg mit 13 Stück, Baden-Württemberg und Bayern folgen mit je zehn Anwendungsbereichen auf Platz 3. Abgeschlagen liegen Schleswig-Holstein und Hamburg mit je einer Anwendung auf dem letzten Platz. Die Differenzen werden jedoch durch die 63 Anwendungen wieder gut gemacht, die bundesweit genutzt werden können. 

Der Blick ins Detail

Die Use Cases lassen sich grob in ihre Einsatzbereiche gliedern. Darunter sind etwa folgende Thematiken besonders prominent vertreten: 

  • Der Behördengang dominiert das Ranking der Einsatzbereiche, auf den knapp 70 Prozent der Anwendungen entfallen. Dies umfasst unter anderem folgende Möglichkeiten: Online-Ausstellung von Geburtsurkunden, Online-Erstellung und Versand der Steuererklärung, Antragsstellung auf Corona-Überbrückungshilfe. 
  • Jede fünfte Anwendung lässt sich dem Einsatzgebiet der Verwaltungsportale zuschreiben, sodass der Bereich auf Platz 2 der Bereiche mit den meisten Anwendungen gelangt. So können etwa digitale Verwaltungsleistungen oder Service- bzw. Bürgerportale einzelner Landkreise aufgerufen werden. Auch die Ausstellung eines polizeilichen Führungszeugnisses oder die Auskunft aus dem Gewerbezentralregister ist nun mithilfe der Smart eID möglich. 
  • Im Bereich der Finanzen bietet die Smart eID eine Alternative zum herkömmlichen Video-Ident oder Filial-Ident-Verfahren. So können sich etwa Antragsteller bei der Eröffnung eines Depots bei Ihrer favorisierten Bank künftig mit POSTIDENT und Online-Ausweis identifizieren oder aber auch ein Girokonto eröffnen. Auch der Zugang zum Online-Portal für Lohn- und Gehaltsabrechnung ist vielfach durch die Smart eID möglich. 
  • Die i-KFZ umfasst jegliche Leistungen rund um die internetbasierte Fahrzeugzulassung, von der Neuzulassung bis hin zu Ausserbetriebssetzung. Sie ist in fast jeglichen Regionen verfügbar und ersetzt den Gang zur Kfz-Fahrzeugstelle. Hinzu kommt die Möglichkeit mittels der Smart eID den Punktestand in Flensburg online einzusehen. 
  • Unter Telekommunikation fallen vor allem bundesweite Lösungen privater Unternehmen. Darunter die Aktivierung neu erworbener Prepaid-Karten, SIM-Karten oder eines CallYa Digital-Tarifs. 
  • Weitere Anwendungsbereiche beziehen sich auf die Bereiche Versicherungen, E-Mails und Signaturen. Auch die Antragsausstellung von BAföG ist etwa über die zugehörige Website mittels des Handyausweises nun virtuell möglich. 

Digitale PIN-Ausstellung verzögert sich

Die Neuerung der Smart eID hat sich herumgesprochen und stellt das BSI derzeit vor logistische Herausforderungen. Grund ist das starke Interesse an der Smart eID und die hohe Anzahl der Anfragen nach der Online-Ausstellung der PINs. Theoretisch hätte es seit Dezember möglich sein sollen, sie auf der Website zu beantragen. Doch derzeit ist das noch nicht möglich. So informierte das BSI erst kürzlich, dass die Arbeiten an dem neuen Service zwar fortgeschritten sind, aber noch weitere Tests zur Prüfung der Stabilität des Systems bei einer hohen Auslastung notwendig sind. Ein Zeitpunkt, ab wann die Online-Ausstellung ohne den Umweg über das Bürgerbüro nun final möglich sein wird, wurde nicht genannt.

 

Die digitale Customer Experience als Erfolgsfaktor